Ordnung Organisation

Materialflut und #Mehrrealität

Je nach Bereitschaft, Ansicht und Intention lässt sich der Schulalltag vorbereiten.
Einigen macht es Spaß alles einzurichten, herzustellen, auszustatten. Andere werden davon inspiriert, neue Ideen entstehen, das Engagement daran weiterzuarbeiten, ist geweckt.
Gleichzeitig fühlen sich andere, die diese Bereitschaft nicht so extrem spüren (UND AUCH GAR NICHT SOLLEN) überfordert, haben ein schlechtes Gewissen, fühlen sich unvorbereitet, unkreativ, hinterherhinkend. Ich bin mir sicher, dass kein Blogger / Instagramer diese Gefühle erwecken möchte.
Natürlich zeige ich gerne, was mir selbst gefällt, wenn ich stolz auf mein Erstelltes bin, rücke ich es ins rechte Licht. Dennoch bin ich auch in der Realität und weiß, wie es im Arbeitszimmer aussieht (Chaos), Unterrichtsstunden einfach „normal“ ablaufen. Kurze Einführung (verbal), Hefte raus, Tafelanschrieb abschreiben und ein kurzes Spiel zum Schluss. Wie nervig Eltern, anstrengend Schüler sein können.

Mein Arbeitszimmer – Aktuelle Ansicht, ohne Filter, voller Chaos!

Materialien, die hier gezeigt werden, sind immer nur ein kleiner Ausschnitt des gesamten Alltags. Der auch wie Alltag aussieht. Also, dass mein ganzer Schultag immer perfekt vorbereitet ist, mein Zimmer perfekt ordentlich ist, ist eine Illusion. Gebt euch dieser nicht hin!

Die Fülle an Materialien, Informationen, Tipps, Ideen (zu denen ich beitrage) sollten immer mit etwas Abstand gesichtet werden.
Ich gehe so vor, um der Flut Herr zu werden:
Was suche ich konkret?
Was BRAUCHE ich?
Wo / Wann setze ich das ein?
Macht das (für mich) Sinn?

Wenn das Material / Info / Tipp keine der Fragen beantwortet, dann einfach weiterscrollen (oder kurz abspeichern) und sich dann nicht mehr damit beschäftigen.
Natürlich gibt es vieeeeele Geburtstagskalender…. Wenn du schon einen hast, dann ist gut! Abhaken und nächstes Jahr evtl. neu suchen.
Du hast dich für ein Belohnungssytem entschieden? Gut! Lass es so. Bewährt es sich nicht, dann suche gezielt nach Ideen.
Mir hilft konkretes Suchen. Durch das Beantworten der Fragen, stelle ich schnell fest, ob ich es brauche oder nicht. Das spart Zeit, überflutet mich nicht mit Alternativen (man könnte immer auch…).
Vielleicht hilft es euch etwas.

Konkret sieht es für das kommende Schuljahr so aus:
Klassenzimmereinrichtung: 
Wie ich mein neues (und wahrscheinlich sehr leeres) Klassenzimmer einrichten werde?
Wie ein Klassenzimmer, in diesem sich die Schüler wohl fühlen und lernen / arbeiten können. Definitiv wird es aber kein Kinder- oder Wohnzimmer.
Tische, Stühle, eine Leseecke mit 2 Sitzsäcken (max. zwei Schüler pro Sitzsack), Ablagen, Fächer und Platz für einen Stuhlkreis.
Ich werde die Wände für die einzelnen Fächer markieren, „Herzlich willkommen“ an die Tafel schreiben und dort die Namensschilder für den Sitzplatz anheften, den Geburtstagskalender aufhängen. Das wars.
Alles Weitere werde ich MIT den Schülern erstellen, aufhängen, anfertigen. Es ist auch ihr Raum, sie sollen sich wohlfühlen von daher möchte ich, dass sie auch mitarbeiten, ausschneiden, etwas produzieren. Es wird dann nicht alles PERFEKT ausgeschnitten, geklebt, angebracht sein aber es ist IHRE Arbeit und auch ihr Klassenzimmer. Sie fühlen sich hoffentlich mit ihrer Arbeit und dem Raum verbunden und achten darauf.
Nebenbei ist es eine gute Gelegenheit sich kennenzulernen, Fähigkeiten und Fertigkeiten herauszufinden und jeder kann sich einbringen.

Was stünde sonst noch an?
Belohnugssystem: 
Habe ich keines. Ich werde ohne Belohnungssystem starten. Traumvorstellung: Die Schüler arbeiten / lernen, weil sie es spannend finden und Spaß haben.
Da es eine Traumvorstellung ist, hier die reale Variante, die ich ausprobieren werde:
Die braven, lieben, meist ruhigen Schüler arbeiten meistens so, dass sie immer einen Stempel, Sticker, Smiley usw. erhalten. Bestimmt freuen sie sich darüber, da sie aber vom Charakter her so sind, erhalten sie sie automatisch.
Schüler, die Schwierigkeiten haben, brauchen individuelle Absprachen, die genau auf SIE zutreffen. Mit diesen Schülern werde ich kleinschrittig arbeiten. Für diese ist es sehr herausfordernd, sich an die „geltenden Normen“ zu halten. Nachhaltigere „Erfolge“ erreichen sie, wenn das Ziel auf sie abgestimmt ist, das motiviert.
Von dem her, versuche ich es mit individuellen Absprachen und Reflexionen.

Ausleihsystem: 
Darüber habe ich hier berichtet.

Geburtstagskalender: 
Diesen hier verwende ich. Einmal erstellt, platzsparend und schnell zu bearbeiten.

Kalender:
Ich habe einen und werde nach dem ersten Treffen relevante Termine eintragen. Bis dahin bleibt er leer.
Die Klassenliste trage ich in, wenn ich eine verbindliche Liste aus dem Büro erhalten habe.

Hausaufgaben: 
Auch hier warte ich erstmal ab. Die Gründe, warum Hausaufgaben „vergessen“ werden, sind so vielfältig, dass man entweder alles oder nicht gelten lässt. Geplant ist wöchentliche Hausaufgaben aufzugeben. Die Familien können sich das Pensum einteilen und an Freizeitaktivitäten kann stressfreier teilgenommen werden. Das sollte das „vergessen haben“ reduzieren. Falls es doch einige nicht schaffen, wird ein kurzes Gespräch geführt, eine Abmachung festgehalten und dann sehen wir weiter.

Vorviertelstunde / „Freiarbeit“ (nicht die nach Montessori):
All das Material, das ich bereits habe (erstellt, gesammelt, gekauft) muss ausreichen. Falls etwas für einen konkreten Inhalt fehlt, werde ich dies gezielt anfertigen. Alles „das kann ich bestimmt irgendwann gebrauchten“ wird nicht mehr hergestellt. Nimmt nur Platz, Zeit und Ressourcen weg.

Klassenbücherei: 
Bücher, die schon da sind, können die Kinder nutzen und in der Lesezeit, Vorviertelstunde lesen. Ich werde eigene Bücher nur dann mitbringen, wenn sie zum aktuellen Thema im Sachunterricht / Deutsch passen. Damit trotzdem ein paar Bücher im Regal stehen, frage ich die Eltern, ob jedes Kind ein (gerne auch mehrere) Buch, das es nicht mehr liest, in die Klassenbücherei stellen kann.
So entsteht automatisch eine Vielfalt und verschiedene Niveaus sind abgedeckt.

Pause: 
Auch hier habe ich bereits ein paar Spiele, diese stelle ich zur Verfügung. Gerne dürfen die Kinder (in Absprache mit ihren Eltern) Spiele für die „Regenpause“ mitbringen. Name drauf aber mit dem Wissen, dass es sein kann, dass etwas verloren geht.

Klassendienste:
Die werde ich gezielt einführen. Auf einer Übersicht darstellen und die Kinder per Zufall auslosen. Dessen Klammer gezogen wurde, der darf sich einen Dienst aussuchen. Man darf erst einen Dienst doppelt machen, wenn man alle einmal durch hat. Dieses Ritual (immer nach den Ferien) hat der letzten Klasse sehr gefallen.

Sitzordnung: 
Da ich die Schüler nicht kenne, dürfen sie sich selbst Plätze aussuchen. Danach wird nach jeden Ferien gewechselt. Eine Periode geht immer von den Ferien bis zu den nächsten. Dieses Jahr möchte ich dann die Plätze immer neu auslosen. Mal sehen, wie das läuft.

Das war ein langer Beitrag aber vielleicht mal nötig.
Macht das, was ihr möchtet / entscheidet / auswählt voller Begeisterung!
Zeit MIT den Kindern ist mehr wert, als Zeit FÜR die Kinder aufzuwenden.

Viele Grüße
Zena

P.S. Das ist mein Arbeitszimmer, original, ohne Filter. Vier Schuljahre 1.-4. Klasse liegen dort…VIELLEICHT werde ich, wenn ich Muße habe, Stück für Stück aufräumen.

(17) Kommentare

  1. Anonym sagt:

    Das spricht mir so aus der Seele. Danke, dass du den perfekten Eindruck nicht aufrecht erhältst! Obwohl ich ihn DIR abgekauft hätte! 😉
    Ich freu mich trotzdem auf neue Beiträge. Wir können doch gar nicht anders.
    Anke Höhne

  2. Ein typisches Lehrerarbeitszimmer. Sieht wohl bei jedem Lehrer irgendwann zu Beginn, zum Ende oder während des Schuljahres so aus. Die 6 Wochen Sommerferien kann man dann gut zum Aufräumen, Sortieren, Abheften und Wegschmeißen nutzen. 🙂

  3. Anonym sagt:

    Liebe Sina,
    DANKE, DANKE, DANKE!
    Ich höre jetzt auf, auf Vorrat und oft umsonst – aus Gründen der Vergesslichkeit oder dann passt das Material sowieso nicht oder man hat noch eine vieeel bessere Idee – zu basteln. Danke für deine Offenheit und die ehrlichen Worte. Bitte weitermachen!
    Liebe Grüße aus dem schönen Franken

  4. Anonym sagt:

    Liebe Sina,
    auch wenn die zahlreichen Vorredner das schon getan haben, möchte ich dir auch nochmal danken für deine Ehrlichkeit. Ein ARBEITszimmer muss keine Ausstellung im Designermöbelhaus sein. Auch dein gestriger Post zum Thema ausleihen hat mir aus der Seele gesprochen, da in meiner Klasse selbst Stifte, auf denen mit Edding die Klasse geschrieben ist, ungeniert in Schüleretuis gelandet sind. Mach weiter so!
    LG und schöne Ferien noch wünscht dir Claudia

  5. Eli sagt:

    Vielen DANK für diese ehrlichen Worte!!! 🙂
    Gerade als Junglehrerin, die mit ihrem ersten Schuljahr startet, ist man schnell überfordert und "schaut zu oft nach links und rechts". Nach deinem Beitrag bin ich in meinem eigenen Empfinden gestärkt und werde einfach mein Ding durchziehen und hoffentlich damit gut zurechtkommen.
    An dieser Stelle auch ein großes Dankeschön für deine Arbeit und Materialien. Mach weiter so! 😉
    Ich hoffe, dass du einen guten Start haben wirst!
    LG Eli

  6. Liebe Anne,
    freut mich, wenn er dir hilft.
    Meiner Meinung nach muss es erst MIT den Kindern klappen, dann klappt auch das miteinander Leben und Lernen besser 🙂
    Viele Grüße
    Zena

  7. Beruhigt mich ebenfalls, dass es nicht nur bei mir so aussieht 🙂 Danke und Grüße

  8. Liebe Anonym,
    danke für deine netten Worte 🙂
    Wenn der Beitrag aufgrund von äußerem Druck entstanden wäre, würde ich mich ja genauso stressen lassen, das ist nicht der Fall. Jeder kann lesen was, wo und wie viel er möchte.
    Die Unterschiedlichkeit der Lehrer ist genau das, was ich auch damit meine!
    Jeder so, wie er es für richtig hält und der Klasse zugute kommt! Ein "richtig" gibt es nicht, da es viele Alternativen für alles gibt.
    Von daher entscheide ich ich für die Klasse und für mich, bin authentisch und fahre bisher ganz gut damit 🙂
    Die "Türschwellendidaktik" kenne ich auch zur Genüge 😉
    Liebe Grüße und ich lasse mich bestimmt nicht abhalten 🙂
    Viele Grüße
    Zena

  9. Liebe Verena,
    genau darauf kommt es an. Es als Impuls zu sehen und nicht direkt als "Nachmach – Aufforderung". Bekanntes mögen sie immer wieder gerne (wählen auch immer die gleichen Spiele aus). Wir sind ja nicht viel anders 🙂 Ich trinke meinen Kaffee auch immer gleich und probiere nicht Haselnuss / Zimt / Vanille. Dinge, die ich mag, lasse ich so! Beim Reisen ist es anders, da muss es immer was Neues sein 🙂
    Liebe Grüße
    Zena

  10. Anonym sagt:

    Toller Beitrag und macht vor allem Mut, mit gutem Gewissen nicht perfekt zu sein! Mutig, dass du mal die Realität vieler zeigst (meine inklusive) und an die Zeit MIT den Kindern erinnerst. Es geht nicht nur ums Lernen, auch ums miteinander leben. DANKE! Anne

  11. Danke für das Bild…könnte auch mein Bild sein…beruhigt mich, dass ich nicht alleine bin….Danke für den ehrlichen Post und alles was du sonst mit uns teilst!

  12. Anonym sagt:

    Ich hoffe, dein Posting ist nicht entstanden, weil irgendjemand gemeint hat, dein Engagement würde stressen. Ich finde dich genial und bewundere deine Kreativität und deinen Einsatz für die Kinder! Lass dich ja nicht abhalten, wenn es dich glücklich macht! Wenn jemand sich gestresst fühlt, soll er halt keine Blogs lesen, ganz einfach. Und noch etwas : das ist doch so schön in unserem Beruf, dass wir so unterschiedliche Lehrerpersönlichkeiten haben. Ich für meinen Teil bin auch Vorbereitungsjunkie. Aber ich kenne tolle Leute, die so gut wie nichts in den Ferien machen und mit sehr wenigen Materialien unterrichten, aber absolut fantastische Lehrerinnen sind. Also bitte jede, wie sie kann und glücklich ist!

  13. sagt:

    Ein ganz toller Beitrag! Ich habe mich sehr darin wiedergefunden! Manchmal fühle ich mich doch unter Druck gesetzt, wenn ich die ganzen tollen Ideen sehe, sage mir dann aber : Sieh es als das, was es ist-ein Impuls, eine Idee, die ich umsetzen kann, aber nicht muss. Ich habe für mich die Erfahrung gemacht, dass die Kinder oft überfordert von einem zu großen Angebot sind und doch immer wieder zu ihren Lieblingsspielen greifen. Was habe ich Kisten voll zum 1×1! Und doch wurden daraus immer wieder das Bingo und das 1×1 Klatsch von Haba gespielt.
    In der freien Spielzeit waren meine Jungs selig, wenn sie Lego spielen durften. Und was "nur" nach spielen aussah, war doch so viel mehr: Sich absprechen, Konflikte klären, abgeben, ausleihen,… Ohne thematische Vorgabe.

    Ich habe Deinen Beitrag sehr gerne gelesen!

    Viele Grüße
    Verena

  14. Danke für die liebe Rückmeldung und Grüße zurück 🙂

  15. Gerne 🙂 Ja, von den Ferien bis zu den Ferien.
    Viele Grüße
    Zena

  16. sagt:

    Die Kinder üben einen Dienst immer von Ferien zu Ferien aus oder versteh ich das falsch? Danke für diesen tollen Beitrag. Liebe Grüße

  17. SO ein toller Blogpost! Ich möchte dich umarmen dafür – DAS ist ehrlich und motivierend zugleich. Ich bewundere Kollegen, die es schaffen, ein ordentliches Arbeitszimmer zu haben und beständig eigenes Material zu entwerfen; bei einigen von ihnen ist das wirklich Realität und ich möchte auch dahin kommen. Aber bislang schaffe ich es nicht und fühle mich daher durch dein ehrliches Bild nicht mehr allein und schlecht.
    Auch deine Tipps bzgl. der Vorbereitung eines Schuljahres finde ich klasse. Es muss nicht ein perfektes Zimmer auf die Kinder warten, allgemein will ich es nicht zu überladen haben. Und: wir dürfen auch mal Ferien genießen und nicht auch an den freien Tagen wieder ständig Laminierdämpfe einatmen und Blasen durch das Ausschneiden bekommen.

    Dein letzter Satz trifft es einfach perfekt! Lieber lasse ich an einem Tag dann mal die Vorbereitungen früher enden oder nicht zu ausführlich werden, bin aber dann am nächsten Tag ausgeschlafen für die Kinder und der Unterricht läuft dennoch meist gut. 🙂

    Liebe Grüße!
    Conny

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